Etwas unbekannter als die mehrfach Oscar prämierte Verfilmung aus dem Jahr 1984, ist Peter Shaffers um etwa fünf Jahre ältere Vorlage, das Theaterstück Amadeus. Inszenierungen werden oft als aufwendig produziertes Historiendrama mit prunkvollen Kostümen und opulentem Bühnenbild angelegt. Nach den pandemiebedingten Theaterschließungen und der Lahmlegung der Kulturszene im Frühling 2020 haben sich das Regieduo Jacques Schiltz und Claire Wagener für eine einfachere und besinnlichere Herangehensweise entschieden. Ohne den Humor und die Verspieltheit von Shaffers Text zu vernachlässigen, hat man sich auf das Wesentliche konzentriert: Musik. Vor allem das chorische Singen, welches zum Zeitpunkt der Premiere im letzten Winter quasi unter Verbot stand. Der Gesang ist auf viele Weisen ein naher Verwandter des Schauspiels. Er braucht keine Überfülle von Worten oder logischen Zusammenhängen, sondern die klare und einfache körperliche Präsenz eines Menschen, der mit seiner ganz eigenen Sensibilität einen Raum betritt, der vor ihm leer war, der sich mit ihm füllt und färbt, der wieder leer sein wird, wenn er abgeht.
Wirklichkeit und Fiktion, kalte unbestreitbare Tatsachen und süße kleine Lügen verschmelzen in Peter Shaffers erfolgreichstem Drama zu einer spannenden Reflexion über das Wesen von Künstlern, ihre Abhängigkeiten und Widersprüchlichkeiten, über ihre Intrigen, vor allem aber natürlich über ihre Musik. Ein passendes Thema zum 26-jährigen Jubiläum des Künstlerkollektivs Independent Little Lies, in dessen Rahmen dieser Theaterklassiker des 20. Jahrhunderts aufgeführt wird.